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Ryan Kollano (33, Name geändert) aus Kenia kämpfte hart für seinen Traum, zur Schule gehen zu können. Wegen seiner Homosexualität verlor er seinen Ausweis und seine Geburtsurkunde – und somit um ein Haar seine Zukunft.

Wunschtraum Schulbildung

Unsere elfköpfi ge Familie war sehr arm. Mit neun Jahren lief ich von Zuhause weg: mein Traum war es, zur Schule zu gehen. Ich lebte erst als Straßenkind, dann wurde ich in einem Waisenhaus aufgenommen. Das Beste daran: hier konnte ich zur Schule gehen! Nach meinem Highschool-Abschluss verlangten meine Eltern von mir, zu ihnen zurückzukehren, um sie zu unterstützen.

Meine Geburtsurkunde wurde zerstört

Als ich 23 war, wollten meine Eltern, dass ich heirate. Sie hatten sogar schon eine Braut für mich ausgesucht. Seit der Highschool wusste ich, dass ich schwul bin. Nun musste ich dies auch meinen Eltern sagen, was massive Konsequenzen hatte: Meine Eltern verstießen und enterbten mich offi ziell. Dadurch wurde auch meine Geburtsurkunde vernichtet. Ich verlor meine offi ziellen Dokumente, meinen offi ziellen Namen, meine offi zielle Existenz. Ich konnte mir einen gefälschten Ausweis besorgen, doch hierauf stand ein anderer Name – nicht der gleiche wie auf meinen Schulzeugnissen! Das war der Schock meines Lebens: Alle hart erkämpften Jahre in der Schule waren hiermit ausgewischt. Ich hatte das große Glück, hilfsbereite Menschen zu treffen: So bekam ich ohne Papiere einen Studienplatz in einem von Jesuiten geführten College. Hier konnte ich studieren und wurde Lehrer.

Als Lehrer erlebte ich, wie LSBT-Kinder behandelt werden

Als Lehrer einer katholischen Schule erlebte ich, wie schlimm LSBTSchulkinder behandelt werden. Nur der Verdacht, dass ein Kind schwul sei, reichte aus, um es zu schlagen oder aus der Schule zu werfen. Das wollte ich nicht zulassen und begann mit der Arbeit als Aktivist in einer LSBT-Organisation. Hier setze ich mich dafür ein, dass wir sichere Schulen haben und eine Kirche, die Kinder nicht dafür verurteilt, dass sie sind, wie sie sind. Wenn sogar die Kirche Menschen verstößt und verurteilt, dann tun es alle. Der Einfl uss der Kirche in Kenia ist enorm. Würde die Kirche Toleranz und Akzeptanz predigen, auch für LSBT-Menschen, dann würde sich schnell vieles zum Besseren wenden, auch auf politischer Ebene.

Lobbyarbeit in Krankenhäusern und bei der Polizei

Aktuell drohen in Kenia bis zu 16 Jahre Haft, wenn der Verdacht auf homosexuelle Handlung besteht. Wir betreiben mit unserer Organisation viel Lobbyarbeit bei der Polizei und in Gesundheitsinstitutionen. Denn diese beiden Zielgruppen sorgen für viele Probleme. Die Polizei kann uns jederzeit verhaften. Krankenhäuser und Arztpraxen weigern sich oft, LSBT-Personen zu behandeln. Die größte Gefahr, mit der wir konfrontiert sind, ist ein geplantes Anti-Terrorgesetz. Die Öffentlichkeit assoziiert Homosexualität mit Terrorismus, seit Terroristen eine Universität angegriffen und die männlichen Studenten vergewaltigt hatten. Die Situation verschlechtert sich zusehends. Wir Aktivisten müssen jetzt unter Hochdruck arbeiten, informieren und über Vorurteile aufzuklären.

Wir wissen nie, wann unser Leben endet

Mein Engagement ist lebensgefährlich. Als wir die Organisation gründeten, waren wir sieben Personen. Von diesen sieben wurden vier getötet. Zwei sind untergetaucht. Also bin ich der Letzte. Wir wissen nie, wann unser Leben endet. Würde ich mit meiner Arbeit aufhören, dann wären diese vier Menschen umsonst gestorben. Dieser Gedanke treibt mich an, weiter zu kämpfen.