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Jijo Kiriakose (33) aus Indien hat in Bildverarbeitung promoviert und arbeitet als Research Analyst. Neben seinem Beruf ist er Schriftsteller und Künstler und leitet eine LSBT-Selbsthilfegruppe.

Mein Coming-out war in der Nacht nach meiner Verlobung

Meine Familie ist sehr gläubig. Durch die religiösen Lehren war ich lange überzeugt, dass meine Zuneigung zu Männern sündig war. Meine Eltern hatten für mich bereits eine Ehe arrangiert, die nach dem Studium stattfi nden sollte. Zu meinem Coming-out vor meiner Familie konnte ich mich erst in der Nacht nach meiner Verlobung überwinden. Mein Vater war schockiert. Es dauerte ein oder zwei Jahre, bis meine Eltern anfi ngen zu verstehen, dass ich mich nicht ändern würde. Sie haben wegen meiner Homosexualität mit Konfl ikten zu kämpfen: Sie müssen sich mit ihren Nachbarn auseinandersetzen und ihr religiöses Umfeld macht ihnen manchmal das Leben schwer.

Schwulsein ist legal, solange man keinen Sex hat

In Indien behandelt das Rechtssystem LSBT-Leute unfair und unlogisch. Auch wenn es okay ist, schwul zu sein, darf man nicht legal schwulen Sex haben. Durch diese Kriminalisierung von Homosexualität ist es eine schwierige Entscheidung, sich zu outen. Wenn man sich einmal geoutet hat, muss man immer und überall dazu stehen. Es ist eine Form des Aktivismus. In meinem Staat, Kerala, weiß ich nur von 20 Schwulen, die sich öffentlich zu ihrer Orientierung bekennen. Dabei leben dort 30 Millionen Menschen. Die meisten Leute, die offen schwul sind, leben außerhalb meines Staates in größeren Städten. Die Diskussion über Geschlechterdiversität ist in Indien hingegen sehr aktiv: Vor drei Jahren verabschiedete das Parlament Indiens ein Gesetz zum Schutz von Transsexuellen.

Diskriminierung im religiösen Kontext

Diskriminierung ist vor allem ein Problem im religiösen Kontext: Es ist schwer, offen schwul und gleichzeitig christlich zu sein. Es ist sehr schade, dass es in Indien keine Unterstützung von der Kirche oder von den Gemeinden gibt. Es gibt Grund zu Hoffnung: Es gab einige Aussagen des nationalen Kirchenrats in Indien, die andeuten, dass es in Ordnung sei, schwul zu sein. Es ist zwar noch kein offi zielles Statement, aber immerhin ein Anfang. Wenn jemand mit Problemen konfrontiert ist, kann er diese Aussagen seinen Familien zeigen. Ich bin sehr neugierig, wie das Global Network of Rainbow Catholics und ähnliche Organisationen arbeiten. Ich würde dieses Wissen sehr gerne an katholische Gruppen in Indien weitergeben.